Leser, die sich schon länger mit Technologie beschäftigen, erinnern sich wahrscheinlich noch gut an die großen ERP-Migrationsinitiativen der 1990er-Jahre. Damals war es in großen Organisationen üblich, unabhängige Anwendungen für sämtliche Abteilungen zu betreiben – Finanzwesen, Lieferkettenmanagement, HR, Fertigung, und so weiter. Das führte zu uneinheitlichen Prozessen, isolierten Teams und dazu, dass keine zentrale Sicht auf das Business möglich war.
ERP-Systeme versprachen ein “zentrales Nervensystem” für das Unternehmen, das die Daten der einzelnen Abteilungen in einer einzigen, gemeinsamen Datenbank zusammenführen und einen Echtzeit-Überblick über die Unternehmensprozesse liefern sollte. Getrieben vor allem vom Y2K-Problem, setzte in der Folge das große ERP-Migrationsrennen ein.
In der Praxis auf eine ERP-Lösung umzusteigen, gestaltete sich allerdings weit weniger simpel. Eine zentrale Herausforderung waren dabei etwa inkompatible Datenformate, die umfassende ETL- und Datentransformations-Maßnahmen erforderten. Um das ERP an ihre jeweilige Branche und ihre organisatorischen Bedürfnisse anzupassen, mussten viele Unternehmen einen langwierigen, mühsamen Weg beschreiten. In einigen Fällen explodierten dabei sowohl die Kosten als auch der Zeitrahmen für die Implementierung. Weil der Fokus in der Folge vor allem auf dem Technologiewechsel selbst lag, vergaßen viele Unternehmen darüber, sich um die notwendigen organisatorischen Veränderungen zu kümmern. Beispielsweise die Mitarbeiter einzubinden, Prozesse anzupassen, oder diejenigen zu schulen, die das System bedienen sollen. Das zog vielerorts politische Konflikte und weiteres, damit verbundenes zwischenmenschliches Unheil nach sich.
